.

Debatte über Baukultur und Klima

Marion Sens • 20. Juli 2023

"Wir müssen anfangen, ganzheitlich zu denken." Treffpunkt Architektur Schwaben

„Wenn auf der Seite der Verwaltung nur noch Juristen Verhandlungspartner sind und keine Fachleute, dann bremst das auch die Innovationen im Bau aus“, erläuterte die Präsidentin der Bayerischen Architektenkammer, Lydia Haack in dieser Woche während der Podiumsdiskussion des Treffpunktes Architektur Schwaben (TAS) im Maximilianmuseum.

Denn dann werde bei Bauvorhaben statt auf Kreativität und Mut eben ausschließlich auf die Einhaltung von Vorschriften gesetzt. Leider - und eben oft auch die Kreativität eindämmend - ist beim Bauen ein riesiges Regelwerk von 3000 Normen und Verordnungen zu beachten. Neue Denkwege seien gefordert, so Haack. Das Normensystem sei ein sich selbst erhaltendes System. „Fragen wir uns doch mal, warum wohnen wir gerne in einem Altbau? Weil er flexibel nutzbar ist, das hat er hundert Jahre lang mit verschiedenen Mietern und Inhabern bewiesen.“

Die Teilnehmer des Podiums - zu denen neben Moderator und TAS-Vorsitzendem Frank Lattke auch Augsburgs Theaterintendant André Bücker und Anette Hafner, Professorin für Ressourceneffizientes Bauen der Uni Bochum, gehörten - waren sich einig, dass es vor allem auf die Ausarbeitung der Vorprozesse ankommt. Je klarer die Ansprüche der Bauherren an ihre Objekte formuliert sind, desto besser für die architektonische, konkrete und klimabewusste Planung.


"Wenn wir 2040 klimaneutral sein wollen, müssen wir jetzt anfangen, ganzheitlich zu denken“, gab Anette Hafner zu bedenken, die auch als Beraterin für die Bundesregierung tätig ist. Dazu gehöre zum Beispiel das Recycling von Baustoffen. 90 Prozent der mineralischen Rohstoffe landeten im Bau, 50 Prozent des Mülls entstehe im Baugewerbe, da müsse ein Kreislauf her, für den es bis jetzt jedoch keine Infrastruktur gebe.


„Früher war es günstiger, abzureißen und neu zu bauen. Heute müssen wir erhalten und erweitern“, erläutert die Architektin Haack. Wenn die Baukosten realistisch berechnet würden, sei Bestandserneuerung langfristig in vielen Fällen weniger schädlich für die Umwelt und schon deswegen günstiger.
In der aktuellen Bauflaute sieht Anette Hafner zudem auch einen Freiraum, um einen Paradigmenwechsel im politischen, wirtschaftlichen und normenfixierten Denken zu verankern.


Sie hatte jedoch keine Anregungen parat, um zu erklären, wie solch ein Paradigmenwechsel tatsächlich verankert werden soll:
Die Bevölkerung muss bei den bahnbrechenden, anstehenden Entscheidungen mitgenommen werden - sicherlich auch durch Verzicht auf augenblicklichen Lebensstandard, um einen zukünftigen Standard möglichst sichern zu können.
Die Diskussionen über die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) haben uns gezeigt, wie wenig beweglich, wie ängstlich und auch wie kontrovers Deutschland mit Veränderungen umgeht.

von Marion Sens 21. September 2024
Das Ideal von Kurt Tucholsky Ja, das möchste: Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse, vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße; mit schöner Aussicht, ländlich-mondän, vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn – aber abends zum Kino hast dus nicht weit. Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit: Neun Zimmer – nein, doch lieber zehn! Ein Dachgarten, wo die Eichen drauf stehn, Radio, Zentralheizung, Vakuum, eine Dienerschaft, gut gezogen und stumm, eine süße Frau voller Rasse und Verve – (und eine fürs Wochenend, zur Reserve) – eine Bibliothek und drumherum Einsamkeit und Hummelgesumm. Im Stall: Zwei Ponies, vier Vollbluthengste, acht Autos, Motorrad – alles lenkste natürlich selber – das wär ja gelacht! Und zwischendurch gehst du auf Hochwildjagd. Ja, und das hab ich ganz vergessen: Prima Küche – erstes Essen – alte Weine aus schönem Pokal – und egalweg bleibst du dünn wie ein Aal. Und Geld. Und an Schmuck eine richtige Portion. Und noch ne Million und noch ne Million. Und Reisen. Und fröhliche Lebensbuntheit. Und famose Kinder. Und ewige Gesundheit. Ja, das möchste! Aber, wie das so ist hienieden: manchmal scheints so, als sei es beschieden nur pöapö, das irdische Glück. Immer fehlt dir irgendein Stück. Hast du Geld, dann hast du nicht Käten; hast du die Frau, dann fehln dir Moneten – hast du die Geisha, dann stört dich der Fächer: bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher. Etwas ist immer. Tröste dich. Jedes Glück hat einen kleinen Stich. Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten. Dass einer alles hat: das ist selten. (1927)
von Marion Sens 15. September 2024
Kleine Bauten – große Wir­kung! Archi­tek­tur in einer Welt des Wan­dels
von Marion Sens 10. September 2024
Bauvorschriften radikal vereinfachen
von Marion Sens 1. September 2024
Das Justizministerium verfolgt mit dem Gesetzentwurf für den Gebäudetyp E das Ziel, das Bauen aus der bestehenden Bürokratie zu befreien und es insgesamt einfacher, schneller und kostengünstiger zu machen. Von Normen soll künftig leichter abgewichen werden können. Dafür soll das Werkvertragsrecht weiter zersplittert und verkompliziert werden. Der vorgelegte Entwurf für einen sogenannten "Gebäudebauvertrag" macht eher mutlos ...
von Marion Sens 1. September 2024
Der DW-Zukunftspreis der Immobilienwirtschaft 2025 sucht unter dem Motto „Anders Bauen für bezahlbares Wohnen: Innovativ – einfach – experimentell“ fertiggestellte oder in Fertigstellung befindliche Neubauprojekte im Bereich Wohnen, die durch Innovation und/oder Einfachheit und/oder Experimentieren dem gesamtgesellschaftlichen Wunsch des bezahlbaren Wohnens entsprechen beziehungsweise entgegenkommen.
von Marion Sens 1. September 2024
Die Bundesregierung hat Änderungen für Balkonkraftwerke auf den Weg gebracht.
von Marion Sens 21. August 2024
Bei einem Projektbesuch in NRW tauschen sich Vertreter von Bundesbauministerium, sozial orientierter Wohnungswirtschaft und Deutscher Energie-Agentur über Fortschritte durch zukunftsweisende Technologie aus
von Marion Sens 20. August 2024
Schaffung von Wohnraum muss überragendes öffentliches Interesse werden
von Marion Sens 18. August 2024
Vermietende werden in die Pflicht genommen und müssen die Kosten für schlecht gedämmte Gebäude mittragen.
von Marion Sens 18. August 2024
Selbst nutzende Eigentümer können alternativ zur Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) eine Entlastung bei der Einkommensteuer über den sogenannten Klimabonus (§ 35c Einkommensteuergesetz) in Anspruch nehmen.
Weitere Beiträge
Share by: